machen

flip…! flop…!

Ein Paar Flip Flops aus Naturleder, mit Hilfe von ein wenig CAD, dem Lasercutter und ein bisschen Handarbeit.

Viele Jahre meines Lebens habe ich die Existenz der besten Fussbekleidung der Welt ignoriert. Anschliessend habe ich in 3 oder 4 Jahren unzählige chinesische Billig-Flipflops durchgelatscht. Kürzlich beschloss ich, mir mal ein Paar robustere Flipflops aus Leder zu kaufen. Und damit nahm die Sache wieder mal den gewohnten Lauf: Zu kaufen gibts es wenig Phantastisches, dieses aber zu umso phantastischeren Preisen, also mach ichs doch einfach selber.

Das Prinzip ist einfach: die Sohle des Flipflop besteht aus zwei Schichten Leder, welche verklebt und vernäht werden. Die untere Schicht bekommt eine Struktur-Gravur für besseren Grip und eine Nut, in welcher der Nähfaden auf verschwinden kann, damit er nicht durchgetreten wird. Die Riemen werden durch Schlitze in der oberen Schicht geführt, und mit dieser verleimt und vernäht. Auf der Innenseite beider Schichten sind zusätzliche Vertiefungen graviert, in welcher die Riemen liegen, damit die Sohle möglichst flach verklebt werden kann.

Entwurf

Für den ersten Entwurf stand ein italienischer 7€ Flipflop Pate. Einen Scan habe ich in Fusion360 importiert und erst mal grob nachgezeichnet mit Modifikationen für den geplanten Stoffriemen anstelle des Gummiriemens. Dann habe ich die Form ein wenig meinem Fuss angenähert und gestalterisch etwas gestrafft. Mit zwei Prototypen aus Karton wurde die Führung des Riemens optimiert und es entstand die finale Form. Die Form habe ich nochmals in Fusion nachgezeichnet und alle nötigen Features hinzugefügt.

Warum Fusion360, hätte es nicht auch Illustrator getan? Im Gegensatz zu Illustrator kann Fusion360 zwei Ding zuverlässig: genaues, gleichmässiges Verteilen von Objekten entlang einer Kurve und präzise, parametrische Offsets. Ich kann also die Aussenkontur der Sohle zeichnen und erhalte automatisch die Position der Naht und einen präzisen Lochabstand von 5mm, selbst wenn ich die Kontur nachträglich anpasse. (Mit viel List und Tücke hätte man die Sache wohl auch in Illustrator hingewurstelt bekommen, aber mein innerer CAD-Junkie freut sich über jeden Klick, den er nicht zwei- oder zehnmal machen muss…) Ausserdem kann ich alle Features genau vermassen und problemlos nachträglich anpassen.

Zwei Dinge an diesem Workflow sind nicht ganz naheliegend: Das „Verteilen entlang Pfad“-Feature kann nicht mit Skizzenelementen arbeiten, sondern erfordert 3D-Objekte, und für den Export einer Zeichnung mit dem Zeichnungsmodul müssen ebenfalls 3D-Objekte vorliegen. Man muss also unnötigerweise tatsächlich ein 3D-Modell der Sohle erstellen, um eine reine 2D-Zeichnung exportieren zu können.

Lasern

Das Blankleder wurde zuerst mit Lederfarbe schwarz eingefärbt. Für eine gute Färbung (mit der mir verfügbaren Farbe…) muss mit einem möglichst satt mit Farbe gefüllten Schwamm gleichmässig, in einem Zug viel Farbe aufgetragen werden, ansonsten wird das Resultat streifig. Das gefärbte Leder wurde mit Lederpflege auf einen leichten Glanz gebracht.

Dann ging es an den Lasercutter (danke, FabLab Luzern!). Nach einigen Tests fand ich brauchbare Einstellungen und habe die Objekte in mehreren Durchgängen graviert und geschnitten. Zuletzt habe die Teile nochmals umgekehrt eingelegt, und die Vertiefungsgravuren auf der Innenseite angebracht. (Etwas kleingedruckt und kleinlaut sollte der Vollständigkeit halber hier erwähnt werden, dass die Gravur der Sohlenstruktur 2 Stunden gedauert hat, da ich die Auflösung versehentlich viel zu hoch eingestellt hatte, und nicht auf halbem Weg abbrechen konnte/wollte. Tja…)

Zusammenbau

Die Riemen werden mit Kontaktkleber eingeklebt und an der Innensohle angenäht.

Für die Näharbeiten habe ich eine simple Spannvorrichtung zum Klemmen im Schraubstock gebaut. Solch ein Tier heisst niedlicherweise Nähross oder Nähkloben, und unsere englischsprachigen Mitmenschen nennen es stitching pony oder stitching horse – google it, it makes sense :)

Dann werden die Sohlenhälften verklebt. Um die Hälften genau positionieren zu können, verwende ich einfache Klammern aus Draht, welche in die Nahtlöcher gesteckt werden.

Für die Nahtform habe ich auf längeres Experimentieren verzichtet, die verwendeten Langlöcher (0.8mm x 1.6mm) haben zum sauberen Vernähen nicht die optimale Form. Besser geeignet wäre wohl ein rautenförmiges Loch, wie es bessere kommerzielle Locheisen hinterlassen. Beim Durchziehen des zweiten Fadens, wenn das Loch also kurzfristig 3 Fadendurchmesser aufnehmen muss, braucht man etwas Kraft, um das Nadelöhr durchzuziehen.

Der Laser hinterlässt Russ auf den Schnittkanten. Dieser Russ färbt auf hellen Nähfaden ab, die Naht hat von Beginn weg also nicht ganz taufrische Farbe. Ich habe dem entgegengewirkt, indem ich alle Löcher vor dem Vernähen einmal mit einem kurzen Faden in der Nadel, mit Unterstützung der Zange, „durchgeputzt“ habe. Dieses „Vorlochen“ hatte den Vorteil, dass ich anschliessend die Naht komplett von Hand fertig nähen konnte und der grüne Faden nur minimal verschmutzt wurde.

Ein schnelles Mockup in Weiss am fertigen Schuh zeigte, dass die gefärbte Kante dem Schuh gut steht. Aber wenn schon, dann richtig und folglich in Grün! Wie haltbar die Acryl-Farbe ist, muss die Zeit zeigen.

can you guess my favourite colour…?

Potential

  • Rautenförmige Nahtlöcher.
  • Etwas dünneres Leder, dafür eine Zwischenlage aus weicherem Material, damit sich schneller ein leichtes „Fussbett“ ausbilden kann.
  • Kante vor dem Einfärben gründlich verschleifen.

Daten

Ohne weitere Überarbeitung stelle ich hier die CAD-Daten und die 2D-Zeichnung zur Verfügung. Wenn Du das Material verwendest, freue ich mich natürlich über eine Nachricht.

Download
CAD Daten
(Fusion360)
Download
flipflop oberseite
2D-Zeichnung (PDF)
Download
flipflop unterseite
2D-Zeichnung (PDF)

Vorschau

 

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